In Senftenberg ist eine alte Brücke über die Schwarze Elster gezielt zum Einsturz gebracht worden – im Namen der Wissenschaft. Der Landesbetrieb Straßenwesen und das Technische Hilfswerk (THW) nutzen das Bauwerk, um wertvolle Erkenntnisse über geschädigte Infrastruktur zu gewinnen.
Wenn Forschung Staub aufwirbelt
Die Brücke aus den 1980er-Jahren war ohnehin dem Abriss geweiht. Nun dient sie dem bundesweiten Forschungsprojekt „Aistec-Pro“, gefördert vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt. Ziel ist es, zu verstehen, wie Brücken im Grenzbereich reagieren, also kurz bevor sie versagen.
Während auf der Ersatzbrücke der Verkehr weiterrollt, wird auf dem alten Bauwerk experimentiert: Ein Kran legt tonnenschwere Betonplatten auf den Steg – insgesamt über 50 Tonnen Gewicht. Sensoren, Laserscanner und Drohnen zeichnen jede Bewegung auf.
Risse, Rost und Betonkrebs
Das Bauwerk weist massive Schäden auf. Die Spanndrähte im Inneren sind korrodiert – eine tickende Zeitbombe für die Standsicherheit.
Hinzu kommt das sogenannte Betontreiben – im Volksmund „Betonkrebs“. Dabei reagieren Bestandteile des Betons miteinander, es entstehen feine Risse, die sich mit der Zeit vergrößern. An Bohrkernen aus dem Bauwerk lassen sich diese Schäden deutlich erkennen.
Für das THW ist der Versuch eine seltene Chance, reale Einsatzszenarien zu trainieren. Rund 40 Einsatzkräfte aus dem Bau- und Sicherungsbereich sind beteiligt – darunter Drohnenpiloten und Baufachberater.
Die Brücke wird solange belastet, bis sie nachgibt. Wann das passiert, ist unklar – es kann Minuten dauern oder Tage. Für die Forschung ist das egal: Jeder Messwert liefert neue Erkenntnisse darüber, wie viel Belastung alte Bauwerke noch aushalten.
Erkenntnisse für ganz Brandenburg
Der Landesbetrieb Straßenwesen betreut rund 1.550 Brücken in Brandenburg – etwa 70 davon mit ähnlichen Schäden wie in Senftenberg. Die Ergebnisse könnten zukünftig helfen, Sanierungen gezielter zu planen oder Lasten rechtzeitig zu reduzieren, um Sperrungen zu vermeiden.
Die Senftenberger Brücke wird bis Mai 2025 vollständig abgerissen. An ihrer Stelle soll bis Oktober 2026 ein moderner Neubau entstehen – mit einer Einfeldrahmenkonstruktion aus Stahlverbund-Fertigteilen.
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