Brandenburgs Krankenhäuser stehen unter Druck: Mehr als jede zweite geprüfte Klinikrechnung aus dem Jahr 2024 war laut dem Medizinischen Dienst (MD) fehlerhaft oder zu hoch angesetzt. Insgesamt sollen die Krankenhäuser in Berlin und Brandenburg rund 120 Millionen Euro an gesetzliche Krankenkassen zurückzahlen – ein erheblicher Betrag, der auch im Land Brandenburg für Diskussionen sorgt.
Überprüfung von über 100.000 Rechnungen
Insgesamt prüfte der Medizinische Dienst im vergangenen Jahr mehr als 117.000 Krankenhausrechnungen aus der Region. In rund 55 Prozent der Fälle kamen die Prüfer zu dem Ergebnis, dass die Kosten gemindert werden müssen. Im Durchschnitt ging es um knapp 2.300 Euro pro Fall – Summen, die sich auf Landesebene schnell zu Millionenbeträgen summieren.
Der Medizinische Dienst überprüft, ob Klinikleistungen korrekt abgerechnet wurden – etwa bei der Dauer stationärer Aufenthalte oder bei der Kodierung von Diagnosen. Werden Fehler oder überhöhte Abrechnungen festgestellt, müssen die Kliniken die Differenz an die Krankenkassen zurückzahlen.
Brandenburger Kliniken besonders im Fokus
Auch mehrere große Häuser in Brandenburg stehen auf der Liste der Einrichtungen mit auffällig vielen Beanstandungen:
- Medizinische Universität Lausitz – Carl Thiem Cottbus: rund 55 Prozent der geprüften Rechnungen mussten korrigiert werden.
- Ernst-von-Bergmann-Klinikum Potsdam: etwa 52 Prozent.
- Helios-Klinikum Bad Saarow: sogar 69 Prozent.
- KMG Klinikum Nordbrandenburg (Wittstock, Kyritz, Pritzwalk): rund 62 Prozent.
Die Gründe für die Beanstandungen ähneln sich: zu lange Verweildauern, fehlende Notwendigkeit einer stationären Behandlung oder unklare Abrechnungen medizinischer Leistungen.
Keine Absicht – aber strukturelle Probleme
„Wir unterstellen den Kliniken keine Böswilligkeit“, sagt Birgit Heukrodt, Leiterin des Bereichs Medizin beim Medizinischen Dienst Berlin-Brandenburg. Oft gehe es um unterschiedliche medizinische Bewertungen. Dennoch bleibe die Quote der strittigen Fälle mit 50 bis 60 Prozent seit Jahren konstant hoch.
Ein Grund sei das komplizierte Abrechnungssystem, erklärt Prof. Reinhard Busse, Gesundheitsökonom an der TU Berlin. Das System zwinge viele Kliniken dazu, stationäre Fälle zu generieren, die auch ambulant behandelt werden könnten. Besonders in strukturschwachen Regionen wie der Lausitz seien Krankenhäuser auf hohe Fallzahlen angewiesen, um wirtschaftlich zu überleben.
Krankenhausreform soll Abhilfe schaffen
Ab 2027 soll sich das ändern: Mit dem neuen Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) wird die Finanzierung grundlegend umgestellt. Künftig sollen 60 Prozent der Gelder als sogenannte Vorhaltevergütung gezahlt werden – also unabhängig von der Zahl der behandelten Patienten. So sollen vor allem kleinere Häuser auf dem Land, etwa in Brandenburg, für ihre wichtige Rolle in der Grund- und Notfallversorgung besser abgesichert werden.
Die restlichen 40 Prozent der Mittel bleiben an Fallpauschalen gebunden. Ziel der Reform: weniger wirtschaftlicher Druck, mehr Qualität in der Patientenversorgung – und künftig hoffentlich auch weniger Streit um Klinikrechnungen.
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