Zwei Jungen von hinten, die mit ihren Schulranzen auf die Schule zugehen

Stadt Cottbus reagiert auf öffentlichen Hilferuf der Regine-Hildebrand-Grundschule

LIVEBLOGDieser Eintrag ist Teil des Liveblogs „Lausitz Live – Der Tag im Ticker – Donnerstag, 11. Dezember 2025“.Liveblog ansehen

Der offene Brief der Elternvertretung der Regine-Hildebrand-Grundschule hat die Diskussion über Gewalt an Schulen in Cottbus neu entfacht. Die Eltern schildern massive Gewalt an Schulen, Ängste ihrer Kinder und einen Alltag, der sich für viele nicht mehr sicher anfühlt. Jetzt äußert sich die Stadt offiziell zur Situation – und kündigt zusätzliche Schritte an.


Eltern schlagen Alarm: Angst, Gewalt und fehlende Sicherheit

Im offenen Brief berichten Eltern, dass ihre Kinder mit Sorgen in die Schule gehen: aus Angst vor bestimmten Gruppen, vor Wegen rund um das Gelände oder davor, im Unterricht offen zu sprechen. Einige Kinder wollen nicht mehr allein zur Schule gehen, andere wurden aus dem Hort abgemeldet.

Die beschriebenen Vorfälle gehen weit über Streitereien hinaus: körperliche Angriffe, schwere Verletzungen, versprühtes Reizgas, Drohungen und Erpressungsversuche. Laut Elternrat handelt es sich nicht mehr um Einzelfälle, sondern um eine Entwicklung, die sich über Monate verfestigt hat.

Für die Lehrkräfte bedeutet das einen enormen Belastungsdruck. Ein großer Teil der Unterrichtszeit fließt in Konfliktklärung und Stabilisierung betroffener Kinder – mit dem Ergebnis, dass Lernzeit verloren geht und Lernlücken wachsen.


Stadt bestätigt Probleme – und nennt Gründe für die Eskalation

Die Stadtverwaltung hat den offenen Brief am Donnerstag erhalten und bereits Gespräche mit der Schulleitung geführt. In ihrem Statement betont sie, dass viele der beschriebenen Punkte die bekannten Entwicklungen bestätigen – vor allem die Zunahme von Impulsivität und Aggression im Schulalltag.

Ein zentrales Problem: Schon kleine Bemerkungen reichen häufig aus, um körperliche Auseinandersetzungen auszulösen. Gleichzeitig bleiben die Reaktionsmöglichkeiten begrenzt, weil Kinder strafrechtlich nicht belangt werden können und der erzieherische Auftrag weiter gilt.

Die Stadt spricht außerdem offen über fehlende Vorbilder im familiären Umfeld und fehlende Strukturen für besonders auffällige Schülerinnen und Schüler. Erforderlich wären spezialisierte Einrichtungen außerhalb der Regelschule – doch diese existieren derzeit kaum.


Hoher Sprachanteil und soziale Belastung verstärken Konflikte

Die Regine-Hildebrand-Grundschule gehört zu den vielfältigsten Schulen der Stadt: Rund 40 Prozent der Kinder haben einen Migrationshintergrund, viele sprechen bei Schuleintritt kaum Deutsch. Dadurch entstehen Missverständnisse, Unsicherheiten und Konflikte, die sich im Unterricht und auf dem Schulhof verstärken.

Trotz Engagements der Schulsozialarbeit und Zusammenarbeit mit Polizei und Jugendamt fühlen sich die Eltern mit ihren Sorgen zu oft allein gelassen. Kurzzeitige Verbesserungen reichten nicht – die Lage blieb angespannt.


Was die Stadt jetzt tun will

Die Stadt Cottbus kündigt an, weitere Schritte zur Unterstützung einzuleiten. Dazu gehören:

– engere Abstimmung mit Schulleitung, Schulsozialarbeit und Sicherheitsdienst
– weitere Gespräche mit Eltern und Sorgeberechtigten, inklusive Gefährderansprachen
– Prüfung rechtlicher Möglichkeiten, Familien mit anhaltenden Straftaten in andere Kommunen zu verlegen
– kontinuierliche Abstimmungen mit Schulamt und Bildungsministerium

Gleichzeitig betont die Stadt, dass viele Zuständigkeiten – etwa für Ordnungsmaßnahmen oder die Einrichtung spezieller Lernorte – beim Staatlichen Schulamt und dem Bildungsministerium liegen.

Ein Schulwechsel würde nach Einschätzung der Stadt Probleme nur verlagern.


Kommunikation und Zusammenarbeit sollen besser werden

Die Stadt fordert auch eine bessere Zusammenarbeit mit der Elternschaft und mehr Transparenz an den Schulen. Schulleitungen, Lehrkräfte, Schulamt und Stadt müssten enger kooperieren, um die Situation nachhaltig zu verbessern.

Die Gespräche laufen weiter – intern, wie die Stadt betont, weil es dabei um minderjährige Schülerinnen und Schüler geht.


Das vollständige Statement der Stadt Cottbus gibt es hier zum Nachlesen:

„Der offene Brief hat die Verwaltung nach derzeitigem Erkenntnisstand am heutigen Donnerstag erreicht. Es gab heute bereits erste Kontakte mit der Schulleitung sowie die Verabredung zu weiteren Abstimmungen und zusätzlicher Unterstützung. Grundsätzlich sei festgehalten: Die Verantwortung für die Sicherheit an Schulen liegt gemeinsam beim Staatlichen Schulamt des Landes Brandenburg sowie der Stadt in enger Zusammenarbeit mit Schulleitung und Schulsozialarbeit, zudem beim von der Stadt eingesetzten Sicherheitsdienst. Wesentliche Inhalte des Briefes bestätigen das, worauf in den vergangenen Monate mehrfach hingewiesen wurde. Die bereits eingeleiteten Schritte müssen langfristig wirken. Das alles kann jedoch nur partiell wirken, da heute eine Hänselei oder eine Bemerkung offenbar schon ausreichen, um handgreiflich zu werden bis hin zu Prügeleien und Köperverletzungen. Die möglichen Reaktionen darauf erweisen sich jedoch als äußerst schwierig, da bspw. die Forderung von OB Tobias Schick nach einem gesellschaftlich neu justierten Umgang mit oft noch kindlichen mutmaßlichen Straftätern vom Gesetzgeber bzw. den Fachgremien weiterhin nicht geklärt wird. Kinder können somit weiterhin strafrechtlich nicht belangt werden. Zugleich ist immer auch der erzieherische Aspekt zu beachten. Oftmals fehlen zudem Einfluss und Vorbildwirkung von Eltern, Großeltern oder großen Geschwistern. Kurzfristig können Kinder zwar vom Schulbetrieb suspendiert werden, es besteht jedoch weiterhin die Schulpflicht. Es fehlt an Einrichtungen mit spezialisierten Pädagogen, die diese besonders schwer zu steuernden Kinder aufnehmen, sie somit außerhalb der Regelschule beschult werden. Ein Schulwechsel ist eine Option, würde aber Probleme wohl nur verlagern. Hier sind die Schulleitungen sowie das Staatliche Schulamt des Landes Brandenburg und das Bildungsministerium als die vorgesetzten Behörden mit konkreten Ansätzen gefragt.

Zudem gibt es weitere Gefährderansprachen mit den Eltern und Sorgeberechtigten. Es gab und gibt verschiedenen Angebote über die Schulsozialarbeit, die Migrationssozialarbeit, Sport und ähnliches. Die Stadtverwaltung strebt zudem an, bei migrantischem Hintergrund und je nach Aufenthaltsstatus Familien bei anhaltenden Straftaten in andere Kommunen bzw. in eine zentrale Aufnahmeeinrichtung des Landes zu verweisen oder eine Abschiebung zu initiieren. Dafür sind jedoch rechtliche Hürden hoch und die Zuständigkeiten liegen nicht ausschließlich bei der Stadt Cottbus/Chóśebuz.

Als Schulträger kann die Stadt auf die Probleme hinweisen und koordinierend tätig werden. Das ist bereits geschehen und wird nahezu täglich auf der Arbeitsebene sowie u.a. mit der Sicherheitskonferenz umgesetzt. Formal ist der Schulträger jedoch für die materiellen Bedingungen an Schulen sowie für eine geringen Teil des Personals (Schulsachbearbeiter, Hausmeister) zuständig. Verbessert werden muss die Kommunikation zur Elternschaft – hier sind die Schulleitungen und die Lehrerschaft ebenso gefragt wie das Staatliche Schulamt des Landes Brandenburg. Die Stadtverwaltung bleibt ihrerseits mit allen Beteiligten im Gespräch; diese werden jedoch intern geführt, weil es darin konkret um meist minderjährige Personen geht.“  


Alle aktuellen Entwicklungen rund um Bildung, Sicherheit und Alltag in Cottbus hört Ihr täglich im Programm von Radio Cottbus – und jederzeit auf radiocottbus.de.

Autor: Redaktion

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